Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Wie real ist Gott?

„Ich bin Gabriel“ (Lk 1,19). So stellt sich der Erzengel im Evangelium vor. Da er mein Namenspatron ist, darf ich wohl annehmen, dass er mich als eine Art Schutzengel begleitet. Der Erzengel Gabriel hatte die außergewöhnliche Mission, der Jungfrau Maria die Menschwerdung des Sohnes Gottes zu verkünden (vgl. Lk 1,26 ff).

Wir wissen, was Gabriel in Nazareth erlebt hat, als er Marias bescheidene Wohnung betrat und diesen makellosen jungen Menschen ansprach. Was Gabriel in meinem Leben immer wieder erlebte, war bei weitem nicht so fromm. Zwar hatte ich als Kind schon früh gelernt, brav „Fiat“, „Amen“ und „Alleluja“ zu sprechen. Doch meistens hatte ich völlig andere Dinge im Sinn. Ich erinnere mich, wie meine Mutter uns beibrachte, jeden Abend vor dem Schlafengehen zu beten. In einem großen blauen Rahmen hing Fra Angelicos Verkündigung über meinem Bett. Aber je älter ich wurde, desto seltener wurden diese Gebete. Dennoch war mein Beten stets echt. Gott war für mich immer real, ganz gleich, ob ich ihm meine jugendlichen Sorgen vortrug, ihn anflehte, meine Probleme zu lösen, oder auf dem Weg von einer Party nach Hause undeutlich ein Vaterunser hervorbrachte: Alles war echt.

Irgendwann hatte ich verstanden, dass Gott letzten Endes nur eines wollte: Dass ich glücklich bin. Das wollte ich auch. In seiner Weisheit müsste er wissen, was mich am glücklichsten macht, dachte ich mir. Also betete ich eines Tages: „Gott, was immer du von mir willst, ich werde es tun. Und ich weiß, dass das mich glücklicher machen wird als alles andere.“ Ein Blankscheck, wie sich herausstellte.

Denn seine Antwort kam prompt und eindeutig: „Lass alles andere zurück; folge mir nach; finde dein größtes Glück und alle Liebe in mir.“ Innerlich bebte ich jedes Mal, wenn er diese Einladung wiederholte. Seine Worte nahm ich so buchstäblich, wie ich nur konnte, gab alles weg bis auf den letzten Gegenstand, den ich besaß, und ging schließlich an den Ort, an den er mich in seiner Vorsehung gerufen hatte, ihm nachzufolgen.

Von dem Moment an, als ich zum ersten Mal in ein Haus der Legionäre Christi trat, wusste ich – oder besser: ich hoffte –, dass dies der richtige Ort sein würde. Heute, 13 Jahre später, bereite ich mich darauf vor, die Priesterweihe zu empfangen. Jahre voller Prüfungen, Leiden und Skandale; aber auch unglaublicher Bereicherung, wunderbarer Freundschaften, tiefer persönlicher und institutioneller Erneuerung, und vor allem Jahre einer echten Liebesgeschichte mit dem Einen, der mich schuf, rettete und mich in seine Nachfolge rief, um ganz mit ihm zu sein und ihn der Welt zu verkünden. Und in diesem Verkündigungsauftrag klingt das Wesen meines Namenspatrons wieder durch: Botschafter der Taten Gottes zu sein, die echt und real ins Leben der Menschen hineinwirken.

Mein Glaube an die Gegenwart Gottes, mein Vertrauen, dass er mir höchstes Glück schenken kann, und meine bewusste Entscheidung, ihm in Liebe zu folgen, sind seit vielen Jahren die Grundlage meines Lebens. Er gibt mir Sicherheit und ich bin zutiefst glücklich. Das ist echt; das ist mein Zeugnis; dafür möchte ich Zeugnis geben: Gott ist so real, dass er dich rufen und glücklich machen kann.

Pater Gabriel Wendt LC

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Gabriel von Wendt wurde am 12. Juni 1987 in Göttingen geboren. Er wuchs als fünftes von sechs Kindern in einer katholischen Familie auf. Im Alter von 16 Jahren verbrachte er als Austauschstudent ein Jahr in Mexiko. Kurz vor dem Abitur traf er auf dem Weltjugendtag 2005 in Köln einen Priester der Legionäre Christi. Als er ein Jahr später seine Freunde mit der Idee überraschte, womöglich Einsiedler zu werden und ihnen wenig später tatsächlich mitteilte, dass er jetzt in das Noviziat der Legionäre Christi eintreten wird, um eine Art Mönch zu werden, glaubten sie ihm zunächst nicht. Während seiner weiteren Ausbildung in der Ordensgemeinschaft absolvierte er ein Studium der Philosophie und Theologie und arbeitete drei Jahre als Ausbildungsassistent im Noviziat in Deutschland. Am 21. April 2018 wurde er in Köln von Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp zum Diakon geweiht. Derzeit arbeitet er an seiner Promotion in Philosophie und als Assistenzprofessor am Päpstlichen Athenaeum Regina Apostolorum in Rom. Am 4. Mai 2019 empfängt er zusammen mit 37 Mitbrüdern der Legionäre Christi in Rom die Priesterweihe.

Weitere Berufungszeugnisse finden Sie im Internet unter www.regnumchristi.eu |Rubrik: Orden & Gottgeweihte/Zeugnisse