Wenn Vertrauen wichtiger ist als Sicherheiten
Am Ende des Theologiestudiums wird man vom Oberen im Ausbildungshaus zu einem Gespräch „über die Zukunft“ eingeladen. Im Frühjahr 2022 war auch ich an diesem Punkt – und hatte keine Ahnung, was ich in einem solchen Gespräch sagen sollte. Nach 16 Jahren im Seminar hätte alles klar sein sollen; doch bei mir war es anders. Die vielen Eindrücke und Impulse der Ausbildungsjahre hatten mich eher gehemmt. Aus Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, bat ich nicht um die Diakonweihe.
Am Vorabend von Pfingsten geschah dann etwas völlig Unerwartetes: ein plötzlicher Gedanke, fast wie ein inneres Wort – „Deutschland.“ Als ich meinem Oberen davon erzählte, fragte er erstaunt: „Woher kommt diese schlagartige Bewegung des Geistes?“ Wir versuchten gemeinsam zu verstehen, was der Heilige Geist mir sagen wollte. Schließlich meinte er: „Stell dieses Anliegen doch dem Territorialdirektor von West- und Mitteleuropa, P. Valentin Gögele LC, vor. Schau, was er dazu sagt.“ Also schrieb ich ihm. Obwohl ich meine Unsicherheit erklärte und zugab, kein Wort Deutsch zu können, antwortete er schlicht: „Ok, wir geben dir eine Chance.“
Als ich in Deutschland ankam, merkte ich sofort: Hier ist vieles anders. Die Menschen sind anders, das Essen ist anders, das Wetter ist anders, die Sprache ist anders – und schwer –, und auch das Apostolat gestaltet sich anders. Alles zusammen überforderte mich. Ich fühlte mich entmutigt und verwirrt. Doch gerade in diesem inneren Abgrund hörte ich die Stimme Gottes: „Du musst nicht alles klar haben. Es genügt, mir zu vertrauen.“
Eine völlig neue Welt kennenzulernen wurde für mich zu einer Einladung, meine bisherigen Sicherheiten loszulassen. Bei den Geistlichen Heilungsexerzitien für Legionäre Christi 2023 in Jena traf mich ein Bibelwort besonders tief: „Seht, ich mache alles neu.“
Heute bin ich dankbar, dass ich Kinder und Jugendliche in der Seelsorge begleiten darf. In Wahrheit ist es oft mehr das, was ich von ihnen empfange, als das, was ich ihnen gebe. Ihre Lebensfreude, ihre Sehnsucht nach Freundschaft und ihr offenes Herz haben mich selbst viel über den Sinn des Lebens gelehrt.
Diese drei Jahre Praktikum in Deutschland waren reich an Gnade – und sie haben mein Verständnis von Berufung verwandelt. Priester zu sein bedeutet für mich nicht – derzeit bereite ich mich auf die Diakonweihe im Frühjahr 2026 vor –, die Hauptrolle zu spielen, sondern Werkzeug zu sein. Und „Ja“ zu sagen bedeutet nicht, sich festzulegen, sondern sich aus Vertrauen hinzugeben. In diesem Vertrauen spreche ich: „Herr, hier bin ich. Ich bin bereit.“
Pedro Hernández LC
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Pedro Hernández LC wurde in Tlaxcoapan geboren, rund 74 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt. 2006 trat er in die Apostolische Schule in Mexiko-Stadt ein. 2008 erhielt er in Monterrey (Nordmexiko) als Novize die Soutane. Nach dem Abschluss seines Bachelorstudiums in Philosophie absolvierte er 2015 sein erstes Praktikum in León, Mexiko, als Mitglied des Jugendpastoralteams. Anschließend kehrte er nach Rom zurück, beendete das Philosophiestudium und schloss auch das Theologiestudium mit dem Bachelor ab. 2019 legte er die ewigen Gelübde ab. Seit 2022 gehört er zum Jugendpastoralteam für Südostbayern und Oberösterreich.
