Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Was Frauen angehenden Priestern geben können

Patricia Klein ist gottgeweihte Frau des Regnum Christi. Der Gedanke in einer Diözese oder Pfarrei zu arbeiten, hat sie immer begeistert. Später bewegte sie der Wunsch, angehende Priester während ihrer theologischen und geistlichen Ausbildung zu begleiten – nichts Selbstverständliches. Schließlich führten sie die Wege des Herrn 2012 in die USA, wo sie über sieben Jahre im „Mundelein Seminary“ der Erzdiözese Chicago arbeitete. Über ihre Aufgabe dort und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sprachen mit ihr Julia Boße und Angelika Knauf, Mitarbeiterinnen der Legionäre Christi und des Regnum Christi.

Angelika Knauf: Wie siehst du als Frau „auf“ den Priester? Was „ist“ er für dich als Christin?
Patricia:
Er ist ein Vertreter Christi, der mir Zugang zu den Sakramenten eröffnet und mir so wirkliche Begegnung mit der Person Jesu vermittelt. Der Priester ist mir auch ein Bruder im Glauben, denn er und ich sind zuerst Getaufte.

Angelika Knauf: Was hat dich angetrieben, in der Ausbildung von Priestern mitarbeiten zu wollen?
Patricia:
Es gibt bei Gläubigen und auch bei Priestern in der Beziehung zueinander immer wieder Verletzungen. Ich wollte mehr Verständnis füreinander fördern, gerade auf der menschlichen Ebene. Ich liebe Priester einfach… nicht nur wegen meines Bruders Pater Thiemo… (lacht).

Julia Boße: Was waren deine konkreten Aufgaben im Seminar?
Patricia:
Ich war Teil des Ausbildungsteams im Bereich „Human Formation“. Das meint alle Aspekte, mit deren Hilfe ein Seminarist eine gereifte und ausbalancierte Persönlichkeit entwickeln kann, wie sie für den priesterlichen Dienst notwendig ist. Konkret unterstützte ich sie beim Aufbau von Apostolaten in Bereichen wie Lebensschutz, Immigration und Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien. Ich begleitete sie auch bei ihren ersten Praktika in Pfarreien und führte Einzelgespräche mit Seminaristen über ihre persönlichen Herausforderungen und ihre Selbstwahrnehmung in Beziehungen mit anderen. Zusätzlich habe ich an der Entwicklung von Programmen für die Ausbildung und die Arbeit in Gemeinden mitgearbeitet.

Angelika Knauf: Was siehst du hierbei als spezifische Qualität einer Frau an, die angehende Priester bereichern kann?
Patricia:
In meiner Erfahrung hat die Frau ein anderes Gespür für die Person als der Mann. Es scheint für sie leichter, die inneren Dynamiken eines Menschen oder einer Situation zu erfassen. Ein Priester braucht zur guten philosophischen und theologischen Ausbildung auch diese Fähigkeit für den menschlichen Umgang. Ebenso scheint es für die Frau leichter, sich verletzlich zu zeigen. Eigene Verletzlichkeit anzunehmen ist nicht leicht, aber unbedingt notwendig, um innerlich heil und ganz zu werden. Ich glaube, dass Frauen Seminaristen ermutigen können, ihre eigenen Schwächen ehrlich anzuerkennen und an ihnen zu wachsen.

Julia Boße: Welche sind nach deiner Erfahrung die größten Herausforderungen für angehende Priester?
Patricia:
Sich selbst gut zu kennen und offen für den Dialog zu sein, gerade auch mit Andersdenkenden. Fest in der Lehre, aber pastoral in den Ansätzen der Verkündigung zu werden. Menschen und Umstände verstehen und in Betracht ziehen zu können, aber vor allem eine tiefe Freundschaft mit dem Heiligen Geist zu pflegen.

Angelika Knauf: Sollten Seminarleiter den Einsatz von Frauen in der Begleitung der Seminaristen mehr fördern?
Patricia:
In letzter Zeit wurde öfter über die Notwendigkeit von Frauen in der Priesterausbildung gesprochen. Ich halte es für wichtig, dass Bischöfe, Seminarleiter und -ausbilder selbst gut überlegen und kommunizieren, warum sie Frauen in dieser Ausbildung haben wollen. Was erhoffen sie sich von der Präsenz von und einer Zusammenarbeit mit Frauen? Welchen Beitrag, meinen sie selbst, können Seminaristen von Frauen erhalten? Ich glaube, dass eine echte inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen zu einer sehr positiven und dynamischen Zusammenarbeit zwischen Priestern und Frauen im Seminar führen kann. Je mehr Klarheit bei den Verantwortlichen, desto mehr werden Frauen ihre Aufgabe erfüllen und die Ausbildung der Seminaristen davon profitieren können.

Angelika Knauf: Und was sagst du uns Frauen zum Umgang mit Priestern?
Patricia:
Ich glaube, dass wie in allen Beziehungen Geduld, gegenseitiges Wohlwollen und Ehrlichkeit unverzichtbar sind. Ein einander wertschätzender geistlicher Austausch mit meinen Priesterkollegen war immer sehr bereichernd für beide Seiten und anspornend für die Mission. Mir ist Offenheit und Großherzigkeit für das wichtig, was wir einander aus den selbst empfangenen Gaben Gottes schenken können.

Julia Boße: Welche Rückmeldungen hast du von den Seminaristen erhalten?
Patricia:
Z.B. die Rückmeldung von jemandem, dem es nicht gut ging. Er meinte, dass ich immer geduldig mit ihm war, sodass er den Mut bewahrte weiterzumachen. Von einem anderen, der Schwierigkeiten mit dem Studium hatte, aber ein wirklich seelsorglicher Mensch war. Wir entwickelten einen ihn unterstützenden Plan für seine Studien, wofür er sehr dankbar war. Mittlerweile ist er Priester.

Julia Boße: Was haben diese Jahre für dein Gottes- und Priesterbild bewirkt?
Patricia:
Das Bewusstsein, das Gott Vater ist und ich seine Tochter bin. Auf den Priester bezogen: Wie Jesus Sohn ist, so ist auch der Priester ein Sohn Gottes und soll nach dem Beispiel Christi guter Hirte sein. Diese Aufgabe ist groß, aber wie Jesus darf er sie aus seiner Beziehung mit dem Vater vollbringen. Er sollte absolut ehrlich mit sich selbst sein und sich und seine Mission Gottvater wirklich anvertrauen, um Jesus ähnlicher werden zu können.

Angelika Knauf: Seit dem letzten Jahr wirkst du wieder in der Gemeindepastoral in Frankreich. Welche Erfahrungen aus dieser Zeit am Seminar möchtest du in deinen Dienst mit einbringen?
Patricia:
Die großartige Berufung aller Getauften, Kinder Gottes und wirkliche Akteure in der Heilsgeschichte zu sein. Wir alle sind durch die Taufe „Priester, Propheten und Könige“, die viel vermögen. Ich möchte besonders Frauen und Mütter begleiten und in ihrem Sein und Wirken ermutigen. Im Alltag übersehen oder vergessen wir leicht die Großartigkeit unserer je eigenen Berufung. In der Zusammenarbeit von Laien, Gottgeweihten und Priestern erfahren wir hier ein von Gott geschenktes Zueinander unserer Berufungen. Gott segnet unser Wirken, wenn wir einander dienen, mit innerer Freude und neuen Initiativen.

Angelika Knauf: Was waren deine Momente des Glücks in dieser Zeit?
Patricia:
Wenn ich bemerkte, dass die Haltungen und Handlungen der Seminaristen sich veränderten und ein größeres Herz als zuvor offenbarten. Wenn sie sich für das Wohl anderer einsetzten und eigene Interessen oder Ideen beiseitelegten. Wenn ich ihr Bemühen sah, Christus ähnlicher zu werden.

Zur Person:

Patricia Klein (48) stammt aus Herford (Nordrhein-Westfalen). Nach dem Abitur ging sie zum Studium nach Kanada. 1995 lernte sie in den USA die gottgeweihten Frauen des Regnum Christi kennen. 1996 trat sie in die Gemeinschaft ein. Ihr Lebensweg führte sie u.a. nach Spanien, Ungarn, Mexiko, Frankreich und in die Vereinigten Staaten. Von 2012 bis 2020 war sie am „Mundelein Seminary“ (USA) tätig, seit Sommer 2020 arbeitet sie in einer Pfarrei in Frankreich.