Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Priestersein heißt Jüngersein

Liebe Freunde,

immer wieder wurde ich im Verlauf meiner Vorbereitung auf die Priesterweihe gefragt, „wie lange ich denn noch zu Studieren hätte“ und „wie viele Prüfungen denn noch ausstünden“. Natürlich galt es, die akademischen und auch anderen Ausbildungsvorgaben zu erfüllen, aber schon damals war ich überzeugt: Priestersein ist mehr als ein Titel, ist mehr als ein Beruf. Priestersein – das war und ist meine Überzeugung – heißt Jüngersein, heißt in die lebenslange Christusschule zu gehen, bedeutet Herzenshaltungen anzunehmen und sich Lebenseinstellungen anzueignen, die die von Jesus sind. Da greift die simple Abarbeitung des Prüfungskalenders an der Uni zu kurz, so nach dem Motto: „Das letzte Examen und ich habe den Titel: dann bin ich Pater!“

Genau das ging mir durch Kopf und Herz, als ich in diesen Tagen an die 35 angehenden Neupriester dachte und speziell an diejenigen, die ich in diesen Jahren ein Stück ihres Weges begleiten durfte. Als Raphael, Mariano, Gabriel, Alejandro und die anderen vor meist über zehn Jahren ihren Weg in die Ordensgemeinschaft fanden, war es auch wichtig für sie, eine ähnliche Erfahrung zu machen. Auf dem Weg hin zum Ordensmann steht zuallererst die Begegnung mit Jesus, normalerweise im Umfeld einer Gemeinschaft. Mit der Antwort auf seinen Ruf tritt man in seine Nachfolge. Ab diesem Zeitpunkt wird das zu verfolgende Ziel nicht in Semester und Klausurabschnitte eingeteilt, sondern man begibt sich auf einen Weg, auf dem man selbst immer kleiner werden möchte, damit er in einem selbst immer größer wird. „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden“ (Joh 3,30). Der Priester darf keine Angst davor haben, alles los zu lassen, um noch mehr zu finden.

Ganz besonders wurde mir die Wichtigkeit und Schönheit dieses radikalen „Nichtsseins für Jesus“ bewusst, als ich 2010 bei meiner Diakonweihe in Brixen die Kommunion spenden durfte. Es waren sehr viele Leute gekommen, unter anderem auch etliche meiner Freunde. Sie hatten ihren Platz in der Kirche jedoch sehr weit hinten gefunden. Mein Wunsch war es aber, auch ihnen den Herrn zu bringen. So arbeitete ich mich durch die volle Kirche. Die Hostien wurden immer weniger und mich überkamen Zweifel, ob ich es bis zu ihnen schaffen würde. Es klappte jedoch. Es war ergreifend, denn in diesem emotionalen und existenziellen Moment meiner Diakonweihe durfte ich auf sehr eindrückliche Weise die Erfahrung machen, dass ich als Diakon und Priester nichts bin und habe, außer Jesus Christus. So durfte ich innerlich mit Petrus sagen „Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi!“ (Apg 3,6). Das war ergreifend und hat mich zutiefst berührt und erfüllt.

Genau das bedeuten letztendlich für uns Ordensleute die Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam: Er ist der größte Schatz in meiner Armut, der mich befreiende Gott durch meinen Gehorsam (vgl. Mk 8, 34f; Joh 12, 25), die größte Liebe, die mich durch und durch erfüllt. Um in diesem Bewusstsein zu wachsen und davon nicht abzulassen, brauche ich vor allem ein Herz voller Sehnsucht, in ihm seine Erfüllung zu finden, eine Gemeinschaft, die mich trägt, und das Gebet vieler Menschen.

In diesem Sinne möchte ich Sie, lieber Leser, dazu ermutigen und auffordern, in diesen sicherlich nicht einfachen Zeiten für Welt, Jugend und Kirche ganz besonders für die Männer und Frauen zu beten, die Jesus Christus in seine engere Nachfolge beruft. Er hat das Steuer seiner Kirche und der Geschichte in der Hand. Er beruft beständig und befähigt zugleich. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben – auf besondere Weise für diejenigen, die sich auf ihn einlassen. Auch in dieser Ausgabe des L-Magazin werden Sie mit einigen von ihnen Bekanntschaft machen durch die Geschichten, die sie erzählen. Beten wir für sie! Danke.

Gottes Segen!

P. Valentin Gögele LC
(Territorialdirektor)