Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Maria, breit den Mantel aus

… mach Schirm und Schild für uns daraus. Schütze uns besonders vor überidealisierenden, unrealistischen Vorstellungen von Weiblichkeit, die Frauen überfordern und Mädchen zwiespältiges Leben führen lassen. Von P. Thiemo Klein LC

Maria „voll der Gnade“ (Lk 1,28): Hard facts of Faith

Maria ist die „Unbefleckte Empfängnis“ (Katechismus der Katholischen Kirche 491-492). Sie war von der Erbsünde ausgenommen im Hinblick auf die unendlichen Verdienste ihres Sohnes Jesus Christus. Sie hatte also keine Tendenz zur Sünde wie alle anderen sterblichen Menschen. Die Erbsünde ist keine persönliche Sünde einer Person, sondern ein Zustand des Menschengeschlechts, der dann persönliche Sünde möglich macht. Maria war anders: ohne Erbsünde und ohne persönliche Sünde. Durch die göttliche Person ihres Sohnes Jesus (wahrer Gott und wahrer Mensch) war dessen Zeugung und Geburt so, dass Maria allzeit Jungfrau blieb (KKK 496-507), denn ihre komplette, ungeteilte Hingabe an Gott spiegelt sich in ihrer Körperlichkeit wider (KKK 505-506).

Nicht umsonst wird Maria vom Zweiten Vatikanischen Konzil in der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ im achten Kapitel als wichtigstes Mitglied der Kirche geehrt. Als Jungfrau und Mutter, die sich Gott ganz zur Verfügung stellte, ist Maria ein Urbild der heiligen katholischen Kirche.

Maria voll im Leben

„War die Empfängnis meiner Kinder etwa befleckt?!“, so beschwerte sich einmal beim Pfarrer eine Dame aus der Gemeinde in der Sakristei vor der Messe am 8. Dezember, an dem die Kirche das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis feiert. Nein, die Kirche hat prinzipiell nichts gegen Frauen, Sexualität und Zeugung von Kindern in der Ehe. Alles, was wir über Maria sagen, sagt etwas über Gottes Barmherzigkeit – das ist das Wichtigere! Die Verehrung für Maria, für ihre immerwährende Jungfräulichkeit und ihre Tugenden – all das ist keine Herabsetzung der normalen Menschen, sondern ein Lichtschein der göttlichen Barmherzigkeit für uns, die wir mehr oder weniger in der „Mittelschicht der Heiligkeit“ (Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Gaudete et exultate, Nr. 7) unterwegs sind. So wie die wenigsten Fans der Formel 1 ein Rennauto besitzen und die wenigsten Fitness-Fans in Top-Form sind, so sehen wir Katholiken Maria als Ideal, aber nicht als Gebrauchsanweisung für das Leben – Frustration wäre vorprogrammiert.

Aus einem Soll ein Muss zu machen, führt zu pathologischen Formen von Frömmigkeit. Und manchmal zu kitschigen Andachtsbildern. Aus einem Soll nur eine Option zu machen, führt zum Absturz. Ein Pilot soll richtig landen, die korrekte Bedienung des Cockpits ist ein Soll, nicht nur eine Option. Jeder hat einen eigenen Stil, aber es gibt ein Richtig und ein Falsch. So wie es für das Öl im Motor ein Minimum und ein Maximum gibt, so hat auch der Idealismus der Marienfrömmigkeit ein Minimum und ein Maximum – alles andere schadet dem Motor der Seele.

Welches Maß zwischen dogmatischem Minimum und spirituellem Maximum für die einzelne Seele richtig ist, das hängt vom Individuum ab. Die Kirche empfiehlt die Frömmigkeit und Zuwendung zu Maria, aber nicht den Umfang der Gebete, Andachten, Frömmigkeiten. Im Bild gesprochen: Das Heilige Land ist groß und viele Wege gibt es darin. Maria war eine echte Frau, die wusste, was sie wollte: Sie hat zu Gott, dem Kind und Josef ihr Ja gesagt. Sie hat Wasser getragen, Feuer gemacht und Windeln gewaschen – und gebetet. Sie hat getan, was sie konnte mit dem, was sie hatte, als es Zeit dazu war – jetzt ist es an uns.