Heiligkeit – die wahre Fülle des Lebens

Am liebsten würde ich 2022 zum Jahr der Heiligkeit ausrufen. Warum? Ganz einfach: Weil das unser beständiger Grundauftrag als Christen ist. Heiligkeit soll unser tiefstes Wesen sein. Heilig sein, ist die Grundvoraussetzung und das Ziel unseres Lebens. Demnach auch in diesem Jahr, jeden Tag. Mit Papst Franziskus gesprochen: „Für einen Christen ist es unmöglich, an seine eigene Sendung auf Erden zu denken, ohne sie als einen Weg der Heiligkeit zu begreifen, denn das »ist es, was Gott will: eure Heiligung« (1 Thess 4,3)“ (Gaudete et exsultate GE, Nr. 19).

Warum uns also nicht in 2022 darauf einigen, diesem Auftrag von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all unserer Kraft nachzukommen? Was würde geschehen, wenn wir Christen so richtig Ernst machen würden mit dem Aufruf Jesu zur Vollkommenheit? Wenn wir wirklich daran glauben und unser Leben danach ausrichten würden, dass Heiligkeit die wahre Fülle des Lebens ist, die Antwort auf unsere tiefsten Sehnsüchte, das volle und nicht vergehende Glück,der einzige Weg, um einen echten Unterschied und diese Welt zu einem besseren Ort zu machen? Was dann in Kirche und Gesellschaft los wäre!

Aber was heißt das eigentlich, „heilig sein“? Heiligkeit ist nicht am Ende die Goldmedaille für ein gutes Leben, sondern am Anfang das Geschenk Gottes, welches das gute Handeln erst ermöglicht. Das Sein geht dem Handeln voraus: Nicht, weil ich Gutes tue, werde ich heilig, sondern weil ich heilig bin, kann ich Gutes tun. Heiligkeit ist nicht langweilig, inhaltslos, passiv oder traurig, sondern ein Kampf, eine Herausforderung, ein Abenteuer, eine Sendung, eine Sehnsucht. Sie ist mein Lebensziel und selbiges nicht zu erreichen, wäre die größte denkbare Tragödie.

Der Heilige Vater findet passende Worte dafür: „Jesus erklärte mit aller Einfachheit, was es heißt, heilig zu sein, und er tat dies, als er uns die Seligpreisungen hinterließ (vgl. Mt 5,3-12; Lk 6,20-23). Sie sind gleichsam der Personalausweis des Christen. Wenn sich also jemand von uns die Frage stellt: ‚Wie macht man es, ein guter Christ zu werden?‘, dann ist die Antwort einfach: Es ist notwendig, dass ein jeder auf seine Weise das tut, was Jesus in den Seligpreisungen sagt. In ihnen zeichnet sich das Antlitz des Meisters ab; wir sind gerufen, es im Alltag unseres Lebens durchscheinen zu lassen“ (GE 63). Denn letztendlich besteht Heiligkeiteinfach darin, Christus in den konkreten Lebensumständen – besonders auchin den herausfordernden – nachzufolgen und nachzuahmen. Nichts mehr, aberauch nichts weniger als das.

Bist Du bereit, in 2022 wichtige Schritte auf dem Weg der Heiligkeit zu gehen? Dich danach auszustrecken und Dich damit beschenken zu lassen? Ob der Situation in Kirche und Gesellschaft nicht zu jammern und zu fürchten, sondern Dich im Vertrauen noch mehr und bewusster auf Gott einzulassen? „Fürchte dich nicht davor, höhere Ziele anzustreben, dich von Gott lieben und befreien zu lassen“, ermutigt uns Papst Franziskus. „Fürchte dich nicht davor, dich vom Heiligen Geist führen zu lassen. Die Heiligkeit macht dich nicht weniger menschlich, denn sie ist die Begegnung deiner Schwäche mit der Kraft der Gnade. Im Grunde genommen gibt es, wie Léon Bloy sagte, »nur eine Traurigkeit im Leben: kein Heiliger zu sein«“ (GE 34).

Pater Valentin Gögele LC
(Vorsitzender des Leitungskollegiums der Regnum-Christi-Föderation)