Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Die Sehnsucht, ganz Gott zu gehören

Kurz nachdem ich mein Abitur abgeschlossen und schon die Entscheidung getroffen hatte, ins Noviziat einzutreten, verbrachte ich noch eine Woche Urlaub zusammen mit meinen Geschwistern in New York. Es waren einzigartige Tage, doch besonders ist mir die letzte Nacht in Erinnerung geblieben. Mit Musik in den Ohren hatte ich mir die Zeit genommen, um noch einmal die hellleuchtende Skyline zu genießen. Während ich also langsam den Hudson River hinaufschlenderte, traf es mich innerlichen wie einen Blitz. Was ist in meinem Leben geschehen, dass mein erster Schritt nach meinem erfolgreich abgeschlossenen Abitur ins Noviziat und Priestertum führt? Ist es nicht Wahnsinn, all das, was mir diese Megastadt in dieser Woche angeboten hat, aufzugeben? Schließlich war es doch mein Kindheitstraum einmal selbst Banker zu sein. In diesem Moment begann in meinem Inneren ein echtes Ringen, in dem ich vor allem an zwei Überzeugungen zurückdenken musste, welche mich in den letzten drei Jahren geprägt hatten.

Die erste Überzeugung ist eng mit meiner Zeit an der Apostolischen Schule der Legionäre Christi verbunden. Es waren drei zutiefst erfüllte Jahre. Ich durfte erfahren, dass die Freude, die Gott mir in der Beziehung mit ihm schenkt, um so viel tiefer war als alles, was ich bis dahin auf meiner Suche nach Glück gefunden hatte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit 17 Jahren von einem Wochenende, an dem ich ein Konzert meiner Lieblingsband besucht hatte, zur Schule zurückkehrte. Klar, war es ein besonderes Erlebnis für mich gewesen, doch verglichen mit der inneren Freude, die ich tagtäglich in der Apostolischen Schule erfuhr, schien es mir doch recht blass. Die Freude, welche Gott mir in diesen Jahren auf besondere Weise schenkte, war einfach tiefer und lebendiger!

Gleichzeitig merkte ich in diesen Jahren auch, wie in mir die Sehnsucht wuchs, dass Gott nicht nur ein Teil meines Lebens, sondern mein ganzes Leben sei. Jede Woche merkte ich, wie mein innerer Wunsch wuchs, mehr von diesem Christus zu erfahren, in der Freundschaft mit ihm zu wachsen und gleichzeitig anderen zu helfen, auch seine Liebe zu entdecken. Je mehr ich in meiner Beziehung zu Jesus in die Tiefe ging, desto mehr verspürte ich die Sehnsucht, dass diese abenteuerliche Suche nach der Einheit mit Gott mein ganzes Leben erfülle und nicht nur ein Teil unter vielen anderen Aktivitäten sei. Ich wollte, dass mein Leben Gott komplett gehörte! Mit der Zeit verstand ich immer mehr, dieses innere Ziehen, als die Einladung Gottes zu verstehen, ihm im Ordensleben so eng wie möglich nachzufolgen.

Und je mehr ich diesen zwei langsam herangereiften Überzeugungen vor der Kulisse New Yorks in meinem Inneren Raum gab, desto mehr wich dem Ringen ein tiefer Frieden und eine einfache Dankbarkeit für mein Leben. Voll Vorfreude über den kommenden Eintritt ins Noviziat bin ich diese Nacht in unser Hotel zurückgekehrt. Natürlich wurde dieser Ruf in den darauffolgenden Jahren noch durch viele Stürme und Zweifel geprüft. Doch auch nach mehr als sieben Jahren nach dieser besonderen Nacht in den USA, kann ich immer noch sagen, dass die Sehnsucht, die mich ins Priesterseminar geführt hat, mich bis zum heutigen Tag mit Staunen und Freude erfüllt.

Nils Schäfer LC

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Br. Nils Schäfer LC wurde 1996 im Sauerland geboren und wechselte mit fünfzehn Jahren auf die Apostolische Schule der Legionäre Christi. Nach seinem Abitur führte sein erster Schritt ins Noviziat der Ordensgemeinschaft in Deutschland. Es folgten zwei Jahre humanistische Studien in den USA und drei Jahre Philosophiestudium in Rom. Zurzeit absolviert Br. Nils sein apostolisches Praktikum in Chile, wo er als Mentor von Oberstufenschülern und in der Studentenseelsorge des Regnum Christi mitarbeitet. Die Priesterweihe erwartet er, so Gott will, in fünf Jahren.