Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Impulse zur Ruhe

▲  Als die Jünger mit ihrem Boot auf dem See Genezareth in einen Sturm gerieten, gebot Jesus diesem Ruhe. Es wurde still. Und die Jünger erkannten: Jesus ist wirklich Gottes Sohn (vgl. Matthäus 14,22-23). 

Von der Ruhe Gottes lernen: Gemäß dem biblischen Schöpfungsbericht ist die Ruhe keine Form von Faulheit oder Untätigkeit, sondern Ausdruck der Vollendung und Erfüllung: „Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk gemacht hatte“ (Gen 2,2). Die Ruhe erscheint so als Zielpunkt der gesamten Schöpfung. Der Mensch ist ausdrücklich zur Teilhabe an der Ruhe Gottes berufen und sogar durch ein göttliches Gebot dazu verpflichtet, so dass diese Ruhe: Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun“ (Ex 20,10). Ruhe bedeutet nicht einfach nur Nichtstun, sondern erfordert die Besinnung auf die eigentliche Bestimmung und Aufgabe.

Ausbruch aus dem Hamsterrad des Alltags: Im christlichen Sinn ist die Ruhe keine Strategie, um nach einer gut terminierten Erholung wieder mehr und besser arbeiten zu können. Letztlich sind nicht Arbeit und Leistung das Ziel und die Erholung ein hilfreiches Mittel dazu, sondern umgekehrt ist die Ruhe die Erinnerung daran, dass der Mensch letztlich für den Himmel bestimmt ist, den er sich weder verdienen noch erarbeiten kann. Wenn die freie Zeit nur mit neuen Aktivitäten gefüllt wird, entsteht „Freizeitstress“, in dem die eigentliche Ruhe verloren geht. Ruhe erfordert einen Registerwechsel von der Ebene des Machens und Schaffens auf die Ebene des Seins. Sie ist ein Ausbrechen aus dem Hamsterrad des Alltags und führt zu den Grundlagen, die allem Handeln und Tun einen tieferen Sinn geben.

Das Beispiel Christi: Weil er ein klares Bewusstsein seiner Identität als Sohn Gottes und seiner Sendung in der Welt hat, können Jesus keine äußeren Umstände aus der Ruhe bringen. So vermag er auch inmitten eines Sturmes auf dem See ruhig zu schlafen (vgl. Mk 4,38). Die innere Ruhe Christi ist durchaus vereinbar mit einem vollen Terminkalender und einem leidenschaftlich engagierten Leben: „Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden“ (Mt 9,35). Das öffentliche Leben des Herrn ist kein aktivistisches Treiben, sondern wächst aus dem Verlangen, in allem den Willen des Vaters zu erfüllen: „Weil ich immer das tue, was ihm gefällt“ (Joh 8,28). Bei alle dem sucht Jesus häufig und bewusst Momente der Einsamkeit, der Stille und des Gebetes: Vor der Wahl der Apostel „verbrachte er die ganze Nacht im Gebet zu Gott“ (Lk 6,12). Nach der Brotvermehrung „stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten“ (Mt 14,23). Weil die Jünger Jesus beim Gebet beobachten, werden sie neugierig und bitten ihn, sie das Gebet zu lehren (vgl. Lk 11,1). Vor der Passion zieht sich Jesus zum Gebet zurück: „Setzt euch hier, während ich bete!“ (Mk 14,32). So ist die Ruhe des Gebetes der Motor für das Handeln des Herrn.

Gesunde Arbeit: Faulheit oder Trägheit haben nichts mit gesunder Ruhe zu tun, sondern sind im Gegenteil die Wurzel von Sünden. Eine trügerische Ruhe ist die satte Zufriedenheit, die sich auf Reichtum oder menschliche Sicherheiten gründet. Die menschliche Arbeit ist kein notwendiges Übel, das man – wann immer möglich – meiden sollte, sondern Teil der menschlichen Berufung und Weg zur Vollkommenheit. Christus hat durch seine Arbeit in Nazareth das menschliche Schaffen geheiligt und zu einem Weg der Nachfolge gemacht.

Ruhe finden für die Seele: Im Unterschied zur stoischen Ruhe, die leicht zur Gleichgültigkeit und Passivität führt, lebt christliche Ruhe leidenschaftlich aus der Freude der Liebe, die den Geliebten gefunden hat. Christliche Ruhe unterscheidet sich auch von einer buddhistischen Bedürfnislosigkeit. Sie gründet nicht allein in einem Sieg über die zerstörerische Gier (vgl. Mt 23,25), sondern erfordert positiv eine Erfüllung, die nur Gott schenken kann: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Christus verspricht die wahre Ruhe: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir […] und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele“ (Mt 11,29). Diese Ruhe erspart keine Schwierigkeiten, aber lässt sich von ihnen auch nicht aus der Bahn bringen: „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt“ (Joh 16,33).

Pater Martin Baranowski LC

(Foto: Sunrise over the Sea of Galilee, flickr, CC BY-NY-ND 2.0)