Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

„Seien Sie ein heiliger Priester!“

Predigt von Weihbischof Matthias König (Paderborn) bei der Primizmesse von P. Leonhard Maier LC, am Sonntag, 11. Dezember, 8 Uhr, im Petersdom (Rom).

Lieber Pater Leonhard, liebe Mitbrüder, liebe jungen Christen, liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Manche Bilder prägen sich ein und bleiben für immer in Erinnerung. So geht es mir mit einem Foto, das unsere Paderborner Kirchenzeitung 1979 veröffentlichte. Darauf zu sehen: zwei Neupriester dieses Jahres mit Stola und in Segensgeste – und davor, klein und zerbrechlich, mit geneigtem Haupt den Primizsegen empfangend, die vor wenigen Wochen hier in Rom heiliggesprochene Mutter Teresa von Kalkutta. Einer der beiden Neupriester damals war der heutige Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx. Der kleine Artikel, der dem Foto beigefügt war, überlieferte die Bitte der beiden Neugeweihten an die kleine Ordensfrau, ihnen doch ein Wort der Ermutigung für den nun beginnenden priesterlichen Dienst mitzugeben. Das tat sie, kurz und knapp: „Be a holy priest!“ – „Seien Sie ein heiliger Priester!“

So schlicht und einfach dieses Wort ist, so schwer ist es umzusetzen. Sie, lieber P. Leonhard, wissen es seit vielen Jahren, in denen Sie sich als Ordensmann um ein Leben in Gottes Wohlgefallen mühen. Ich weiß es als Bischof, wie weit mein Leben und Handeln oft von Heiligkeit entfernt ist. Sie, liebe Schwestern und Brüder, werden – wie wir oft – erschrecken über all das, was bei uns alles andere als heilig ist. Wie also soll man das realistisch umsetzen: „Be a holy priest! Be a holy christian! – Sei ein heiliger Priester, ein heiliger Christ“? Wer erreicht auch nur ansatzweise ein solches Ideal?

Anteil am Heiligen

Die Priesterweihe von 36 Ordensmännern, die wir gestern in der Lateranbasilika mitfeiern durften, führt uns einer Antwort auf diese Fragen näher: Es gibt nur einen Heiligen und das ist Gott allein. Aber dieser heilige Gott gibt Menschen großen Anteil an seiner Heiligkeit. Er gewährt uns, seinen Geschöpfen, die wir Sein Bild und Gleichnis (Gen 2) sein dürfen, dass auch uns etwas von seinem innersten Wesen zukommt. Wir sind fähig zur Liebe – und zur Heiligkeit! Das bedeutet konkret: Von allem Anfang an hat Gott uns gut geschaffen. Dass sich so viel Schlechtes in unser Menschsein eingeschlichen und eingenistet hat, dass wir das zugelassen haben und zulassen, hat uns von Gott entfremdet. Aber er wirbt immer wieder mit unerschöpflicher Liebe, damit wir das werden, was wir nach seinem Plan sein können und gibt uns dazu Kraft. Das nennen wir in der Theologie: heiligen: Gott heiligt uns Menschen.

Gestern bei der Priesterweihe durften wir zeichenhaft sehen, wie das an den 36 Männern geschehen ist, auch an Ihnen, lieber Pater Leonhard: Ihnen allen wurden von Kardinal Parolin die Hände aufgelegt. Das ist ein ganz altes Zeichen der Weitergabe von Gottes Geisteskraft. Durch dieses Symbol haben bereits die Apostel die Vollmachten weitergegeben, die Jesus ihnen anvertraut hat – und nach ihnen alle Bischöfe bis heute. Gott hat Ihnen durch die Handauflegung und das Weihegebet die priesterlichen Vollmachten geschenkt. Nun handelt ER durch Sie! Sie dürfen Sein Heil in die Welt bringen: bei der Feier der Eucharistie und der Spendung der Sakramente. Die Salbung Ihrer Hände, die ich an Ihnen vollziehen durfte, hat das nochmal deutlich gemacht: Sie sind nun verlängerte Hand, verlängerter Arm Jesu Christi. Durch Sie reicht er Menschen die Hand zum Heil und zur Heiligkeit.

Auch die Bekleidung mit Stola und Messgewand drückt das aus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Ihn haben Sie angezogen wie ein Gewand (Gal 3, 27).

Das Heil annehmen

Sie, lieber Primiziant und die anderen Neugeweihten haben dieses große Geschenk der Heiligung angenommen. Sie haben Ihre Bereitschaft lautstark kundgetan, Werkzeug und Mitarbeiter Jesu Christi zu sein,– sicherlich ganz im Bewusstsein der eigenen Heilsbedürftigkeit.

Darauf haben Sie die zwölf Jahre im Ordensleben vorbereitet. Sie sind geformt worden durch all das, was Ihnen in Ausbildung und Studium ins Herz gelegt wurde. Sie haben sich bemüht leer zu werden von allem Unheiligen, sprich von allem, was Sie und die Menschen von Gott wegführt. Dass damit mancher Kampf verbunden war und bleiben wird, das wissen Sie, das ahnen wir.

Eines ist und bleibt dabei wesentlich: Das Heilsangebot Gottes will immer neu angenommen werden. Vor Ihm müssen wir immer wieder leer werden, damit er uns neu füllen kann mit seiner Liebe und seiner Heiligkeit. Das bleibt Ihre große Aufgabe jetzt nach der Priesterweihe – ein Leben lang.

Darum ist das Gebet so wichtig: Das Stundengebet, zu dem Sie sich als Ordensmann und bei der Diakonenweihe besonders verpflichtet haben, das persönliche Gebet in Stille und Betrachtung, das Bedenken der Heiligen Schrift und die innerliche Annahme des Wortes Gottes. Das größte Geschenk ist bei all dem die hl. Eucharistie: Täglich dürfen Sie nun das Opfer Christi feiern. Dabei hineinnehmen werden Sie all die Anliegen der Welt und der Menschen. Wenn Sie sich mit Christus am Altar verbinden, in seiner Person handeln, dann werden Sie stets Gesichter und Geschichten im Herzen haben, die für all jene stehen, die Sie durch Christus im Heiligen Geist vor den Vater tragen. Manchmal kann einem schon schwindelig werden bei dem Gedanken, dass hier am Altar der Himmel offen steht und – so hat es Papst Pius XII. einmal gesagt: „ich…dem himmlischen Vater so nahe sein (darf) wie nirgends sonst.“ (nach Madre Pasqualina, „Ich durfte ihm dienen“)

Das Heil weitergeben: Der Priester als Heilsmittler

Damit sind wir schon längst bei dem, was Sie nun als Priester sein dürfen: Im Bemühen „a holy priest – ein heiliger Priester“ zu sein und immer mehr zu werden, dürfen Sie andere an das Heil Gottes heranführen, es ihnen vermitteln. So wie Sie es geistig bei der hl. Messe tun, wenn Sie andere einschließen, lieber Pater Leonhard, so sollen Sie durch ihr Wirken als Werkzeug Jesu Christi Menschen auf seine Spur bringen. Das ist in unserer Zeit schwer genug. Denn immer weniger Menschen wollen etwas von Gott wissen. Heilig zu werden reduziert sich auf „Heilsein“ im medizinischen Sinne, auf „Wellness“ und wohliges Gefühlsleben.

Dass wir erst wirklich „heil“ im umfassenden Sinn sein können, wenn wir den Heiligen, Gott, fest als Mitte unseres Lebens haben, das ist schwierig zu vermitteln, scheint abgehoben und nur etwas für die ganz Frommen, die man zugleich aber auch nicht ganz zurechnungsfähig hält.

Da ist das eigene Zeugnis gefordert: Wenn Menschen an Ihrem Leben und Wirken erfahren können, wie wunderbar es ist, sich Gott zu schenken, dann werden sie aufmerksam. Wenn sie an Ihnen erleben, dass es uns nichts wegnimmt, wenn wir unser Leben Gott übergeben, sondern im Gegenteil uns bereichert, dann werden sich manche auf die Suche machen. Und dann können Sie Wegweisung geben. Erfahrungen haben Sie aus der Zeit in der Gemeinschaft genug machen dürfen – Sie haben davon geschrieben.

Vertrauen Sie darum jetzt mit einem tiefen, kindlichen Vertrauen, dass der Gott, dem Sie Ihr Leben in die Hände gegeben haben – voll und ganz und ohne Rückversicherung – dass dieser heilige Gott Ihnen hilft, ein heiliger Priester zu werden und zu sein – zum Segen und zum Heil für alle Menschen, zu denen dieser Gott Sie führt.

Amen.